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Alphaville: Erfolg, ohne Instrumente zu beherrschen

"Big in Japan" oder "Forever Young": ALPHAVILLE spielten lange nicht live - weil sie keine Instrumente beherrschten.

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Alphaville-Sänger Marian Gold 2022 auf der Bühne zur Silvesterfeier in Berlin Foto: Jörg Carstensen/dpa

Big in Japan oder Forever Young: Alphaville spielten lange keine Live-Konzerte – weil sie keine Instrumente beherrschten.

Und das sagen nicht überkritische Kritiker, sondern das sagt Sänger und Gründer Marian Gold persönlich. "Wir hatten das Gefühl, dass wir als Musiker nicht gut genug sind, um eine Tour durchzustehen." Und das war vermutlich auch richtig gedacht - um jetzt doch eine kritische Anmerkung loszulassen. Alphaville klingen eigentlich wie eine Band, die nicht deshalb einfache Songs macht, weil sie in Reduktion eine künstlerische Konzentration auf das Wesentliche versteht, sondern die superbombastisch klingen will, aber nur das Einfache mühevoll hinbekommt, das aber bombastisch überproduziert.

Das klingt böser, als es gemeint ist. Denn eine Leistung ist es allemal. "Keiner von uns konnte ein Instrument spielen", bekennt Frontmann Marian. Er nicht und auch nicht seine Mitspieler Bernhard Lloyd und Frank Mertens. Sie waren einfach junge Typen aus der westfälischen Studenten- und Fahrradmetropole Münster. Sie standen auf britischen Synthiepop. Bands wie Tubeway Army oder OMD, Kerle wie Gary Numan oder Holly Johnson. Was Jungs in einem brav-bürgerlichen akademischen Umfeld eben für superprogressiv und undergroundig halten. 

Erster Auftritt im westfälischen Enger

Allerdings hatten sie die Sounds und Melodien ihrer Songs im Kopf. 1979 schrieb Marian "Big in Japan". Das Problem war, das Teil irgendwie real zum Klingen zu bringen. "Wir waren von Synthesizern, Drum-Computern und dergleichen abhängig", sagt Marian. "Unser Equipment bestand im Grunde aus Spielzeug. Die billigsten monophonen Synthesizer, die man sich vorstellen kann." Ihre Band nannten sie damals "Big in Japan". Sie spielten auch ein Konzert im westfälischen Enger (Stadt im südwestlichen Teil des Landkreises Herford, falls es jemanden interessiert).

Ansonsten frickelten sie an ihren Songs und Sounds herum. "Wir hatten ein kleines Kellerstudio. Da haben wir Demos aufgenommen und die an Plattenfirmen geschickt." Hoffnung auf einen Vertrag hätten sie keine gehabt, "aber dann hatten wir auf einmal drei Angebote". Und dann sei alles sehr schnell gegangen.

Nummer 1 auf drei Kontinenten

1984 benannten sie sich um in Alphaville, nach dem Titel des gleichnamigen Science-Fiction-Films von Jean-Luc Godard aus den 1960ern. Die Debut-Single "Big In Japan" erschien und wenig später das Album "Big In Japan". Das Album war ein irrsinniger Erfolg und schoss in mehrere Ländern auf Platz 1: Deutschland, Griechenland, Schweiz, Schweden, Türkei, Venezuela und die US-Dance-Charts. In Europa schafften es auch die beiden Nachfolgesingles "Sounds Like A Melody" und "Forever Young" in die Top Fünf der Charts. 

Damit gelang Marian Gold und seinen Kollegen dann doch eine ziemlich zeitlose Sensation. Die Alphaville-Songs laufen bis heute in Radios und auf Parties. Sie sind Evergreens und Lifestyle-Songs der 80er. Inzwischen tritt Gold auf Galas und zu besonderen Gelegenheiten auch live auf, mit allerdings neuen Bandkollegen und modernerer Ausrüstung, die die Instrumente mehr oder weniger automatisch spielen lässt, während er sich auf seinen Gesang konzentrieren kann, der ja auch nicht nach Julliard-School klingt, aber dank imperfekter Intonation eben auch das Erkennungsmerkmal von Alphaville schlechthin ist.