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Rod Stewart: Der bodenständige Weltstar

Wie Rod Stewart berühmt wurde ★ warum jeder ihn mag ★ warum er für die Ukraine und Israel eintritt

Rod Stewart: Der bodenständige Weltstar

Eigentlich liebt ihn jeder. Mit 120 Millionen verkauften Platten ist er einer der erfolgreichsten Rockstars der Welt. Aber ausgerechnet bei einem Deutschlandkonzert, in Leipzig, buhen ihn Fans aus - weil er auf der Bühne Partei für die Ukraine ergreift und Putin verurteilt. Die Buhrufe lassen ihn kalt. Mit 79 Jahren und nach einer schier unglaublichen Karriere sagt er, was er will.

Rod Stewart in blauer Jacke auf der Bühne Daniel Karmann dpa/lby

Als Rod Stewart am 10. Januar 1945 geboren wird, da ist noch zweiter Weltkrieg - Deutschland kapituliert am 7. Mai. Die Eltern waren erst kurz vorher von Schottland in den Londoner Stadtteil Highgate gezogen. Roderick ist das Nesthäkchen mit vier älteren Geschwistern, zwei Mädchen und zwei Jungen. Der Vater ist Vorarbeiter auf dem Bau. Die Familie ist nicht reich, aber auch nicht arm. Seine Kindheit nannte er später "fantastically happy". 


Frech und aggressiv: Kapitän in der Schulmannschaft

Vater und Brüder lieben Fußball. Der Vater spielt in einem Amateurteam und managed mehrere Vereine. Aber Rod ist der Talentierteste der Stewarts, ein geborener Athlet, ziemlich frech und mit einer Portion Aggressivität. In der Schulmannschaft wird er Kapitän.

Musik mögen die Stewarts auch, vor allem Al Jolson. Der tourte als eine Mischung aus Jazz- und Vaudevillesänger durch die USA, gern als Schwarzer geschminkt. Jolson war mit seiner jüdischen Familie aus dem damals noch vom Zaren beherrschten und aggressiv-judenfeindlichen Russland geflohen. Rod sammelte alle seine Platten. Sein Vater schenkte ihm eine Gitarre. Die ersten Songs, die er spielen konnte, waren Folksongs.

"Das Leben eines Musikers ist viel einfacher. Außerdem kann man sich betrinken."

In der Schule läuft's dagegen nicht so toll. Roderick fällt durch die Prüfungen für den Abschluss der 11. Klasse. Mit 16 geht er ab. Eine Zeitlang arbeitet er als angelernter Siebdrucker und druckt Plakate. Sein Vater hätte ihn lieber als Profi-Fußballer gesehen und arrangiert eine Testzeit beim Drittligisten Brentford. Einen Vertrag unterzeichnet er nicht - aus Gründen der Lebensqualität.

Die Biographen Paul Nelson und Lester Bangs zitieren ihn mit der Aussage:

"Also, das Leben eines Musikers ist viel einfacher. Außerdem kann man sich betrinken, was man nicht kann, wenn man Fußball spielt. Also habe ich mich für die Musik entschieden. Es gibt nur zwei Dinge, die ich kann: Fußball spielen und singen."

They're the only two things I can do actually: play football and sing.

Rod Stewart

Seine erste Chance, einen Song einzusingen, geht allerdings schief. Der Produzent bricht die Produktion ab. Rod Stewart hört mehr als dass er selber singt. Zuerst die aus den USA nach Britannien schwappenden Folk-Stars wie Arlo Guthrie und vor allem Bob Dylan, der in dieser Zeit sein erstes Album herausbringt. Wie seine Vorbilder denkt er politisch links. 

Als Obdachloser aus Spanien abgeschoben

Eine Weile lebt er mit linken Beatniks auf einem Hausboot. Er freundet sich mit dem Folksänger Wizz Jones an. Die beiden reisen eineinhalb Jahre durch Europa, vor allem Frankreich und Spanien, und zwar auf die krasse Tour: Ohne Geld, ohne Ticket, ohne Hotel. Oft schlafen sie unter Brücken. 1963 schiebt Spanien die beiden wegen Landstreicherei nach England ab - heute vermutlich undenkbar.

Zurück in London erfindet er seine Igel-Frisur, die er bis heute trägt, in Form gebracht entweder mit Zuckerwasser oder Haarlack einer seiner Schwestern. Eine Weile steht er auf Rock 'n' Roll. Dann sieht er Otis Reding auf einem Konzert, hört zum ersten Mal Sam Cooke und mag plötzlich Soul und Rhythm and Blues. 

Auf derselben Bühne wie die Rolling Stones

Er finde Anschluss an eine Rythm-and-Blues-Band als Sänger und Mundharmonikaspieler. Die Gruppe hat jede Woche einen Gig in dem Club Studio 51. Dort spielen auch oft die Rolling Stones. Die Band wird populärer, aber der Bandleader degradiert Rod Stewart zum reinen Harmonika-Spieler, singen darf er nicht mehr. 

Seine Mutter erlaubt ihm seinen ersten Vertrag

Trotzdem fällt er auf. Wenn er auf der Bühne seine Mundharmonika spielt, imitiert er die Posen von Mick Jagger. Das sieht der damals schon ziemlich berühmte Long John Baldry. Der lädt "Rod the Mod", wie er sich nennt, zum Kennenlernen ein. Rod erzählt, dass er auch singt. Das gefällt Long John Baldry. Er besucht Stewarts Eltern und fragt die Mutter, ob der Rod engagieren dürfe. Singen und Mundharmoka für 35 Pfund die Woche, gutes Geld im Jahr 1964. Mutter sagt ja.

Long John Baldry bekommt feste Auftritte im berühmten Marquee Club. Rod Stewart wird festes Bandmitglied und fängt parallel als Solo-Sänger an. Für Decca nimmt er mehrere Demos auf und bekommt seinen ersten Plattenvertrag. Decca hätte die Demosongs gern mit ihm eingespielt, aber Rod Stewart lehnt die als zu kommerziell ab. Die Studiomusiker der Plattenfirma müssen auf seinen Wunsch neue Songs einstudieren. Einer davon ist Good Morning Little Schoolgirl. Der Song ist ein schöner Blues, aber er verkauft sich schlecht. 


Aber für Rod Stewart startet die Karriere jetzt erst richtig, und zwar Schlag auf Schlag.

  • Ebenfalls 1964: Erster TV-Auftritt mit Hoochie-Coochie-Man
  • Er trifft Elton John und freundet sich mit ihm an. Die beiden geben sich Mädchen-Spitznamen. Rod nennt Elton Sharon, Elton nennt Rod Phyllis.
  • Ende der 1960er und Anfang de 1970er wird er international berühmt - mit der Jeff Beck Group und den Faces.
  • Parallel dazu erscheint 1969 sein erstes Solo-Album
  • 1971: Erste Nummer-1-Single Maggie Mae.
  • Die Karriere entwickelt sich rasant. Rod Stewart wird zur großen Nummer weltweit. 1975 erscheint sein Mega-Album Atlantic Crossing mit Sailing. Es markiert auch seine persönliche Überquerung des Atlantik: Er zieht nach Los Angeles.
  • Hit auf Hit: The First Cut Is the Deepest (1977), Da Ya Think I'm Sexy (1978), Passion (1981), Baby Jane (1983), Forever Young (1988), Downtown Train (1990), Have I Told You Lately (1993), Leave Virgina Alone (1995), dazu Best-of-Compilations, Live-Auftritte und Aufnahmen u.a. mit Ron Wood (Ex-Faces, Rolling Stones), Tina Turner, Cher, Stevie Wonder, Dolly Parton, Diana Ross, Elton John, Stevie Nicks.
  • Am Strand der Copacabana spielt Rod Stewart am Silvestertag 1994 ein kostenloses Open Air vor 3,5 Millionen Zuschauern - Weltrekord.
  • 2016 erhebt Queen Elizabetz II. ihn in den Ritterstand. Seitdem nennt er sich Sir Rod Stewart.

Kaum ein anderer Rockstar ist so beständig und dauerhaft seit Jahrzehnten ganz oben. Auch mit 79 Jahren ist Rod Stewart noch auf Tour - wie zuletzt in Deutschland, wo er für seine Ukraine-Äußerung ausgebuht wurde, allerdings auch auch mit Beifall bedacht. Und als er in Berlin und Hamburg sein Statement wiederholte, da gab es dann nur noch Applaus.

"Putin muss gestoppt werden"

Bei den Konzerten widmete er seinen Song Rhythm of My Heart der Ukraine. Das Lied sei ein Anti-Kriegssong. Nach den Buhrufen in Leipzig stellte er klar: "Ich habe die Ukraine von Anfang an bei diesem Krieg unterstützt." Und zwar nicht nur mit Worten, wie er der Nachrichtenagentur PA sagte.

"Anfangen damit, dass Angehörige meiner Familie Ausrüstung in die Ukraine gebracht haben, bis dahin, das in Großbritannien ein Haus für eine ukrainische Familie gemietet haben. Ja: Ich unterstütze den ukrainischen Präsidenten Selenski und das Volk der Ukraine und ich werde damit auch weitermachen."

Und damit das ganz klar ist: "Putin muss gestoppt werden."

Auch die Anti-Israel-Protestler lassen ihn kalt

Überhaupt lässt sich Rod Stewart nicht von seinen Überzeugungen abbringen. 2017 spielte er in Tel Aviv in Israel. Dabei gab es dagegen massiven Protest - von der antijüdischen BDS-Bewegung, aber auch von Fans des Fußballclubs Glasgow Celtics, zu denen Rod Stewart selber gehört. 

"Lieber Rod", schrieben die ihm. "Wir sind geschockt über Deine Entscheidung, den internationalen kulturellen Boykott Israels zu durchbrechen". Was Rod gleichgültig ignorierte - vielleicht in Erinnerung des Mannes, der überhaupt sein musikalisches Interesse weckte: Der vor Antisemiten aus Russland geflohene Al Jolson.